Für arbeitslose, ausgesteuerte Bezügerinnen und Bezüger von Sozialhilfe besteht im Kanton Bern bereits eine breite Palette an Angeboten zur beruflichen und sozialen Integration. Nachteil dieser Angebote: Sie können von den Betroffenen nur für eine befristete Zeit besucht werden. Die Gesundheits- und Fürsorgedirektion stellt fest, dass unbefristete Arbeitsplätze für langzeitarbeitslose Sozialhilfebeziehende fehlen. Diese Lücke soll nun mit einer unternehmerisch geführten Sozialfirma geschlossen werden. Das entsprechende Pilotprojekt wurde im April 2013 in der Stadt Biel gestartet. Nach drei Jahren sollen die Erfahrungen ausgewertet und über die weitere Zukunft dieses Projekt entschieden werden. Die gadPLUS AG, eine Tochter der «Fondation gad Stiftung», betreibt die Sozialfirma und trägt das unternehmerische Risiko. Das Konzept ist auf dem Businessplan der Dock AG aufgebaut, die bereits breite Erfahrung mit Sozialfirmen in anderen Kantonen hat.
Im Endausbau rund 100 Arbeitsplätze
Die unternehmerisch geführte Sozialfirma in Biel ist im April mit rund 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gestartet. Im Endausbau sollen rund 100 Frauen und Männer aus dem ganzen Kantonsgebiet beschäftigt werden. Profitieren vom neuen Angebot sollen langzeitarbeitslose Bezügerinnen und Bezüger von Sozialhilfe. Der zuständige Sozialdienst kann bei der Sozialfirma Personen anmelden, die aus strukturellen Gründen voraussichtlich mittel- oder langfristig keine Arbeitsstelle im ersten Arbeitsmarkt finden. Diese Personen müssen mindestens 25 Jahre alt sein, eine Grundarbeitsfähigkeit aufweisen, motiviert sein sowie selbständig und ohne individuelle Betreuung regelmässig Arbeit verrichten können. Über die Anstellung entscheidet schliesslich die Sozialfirma nach einem Bewerbungsverfahren mit Vorstellungsgespräch.
Alle Einsteigerinnen und Einsteiger beginnen mit einem 50-Prozent-Arbeitspensum bei der Sozialfirma im Stundenlohn. Sie haben jedoch Entwicklungsmöglichkeiten, sowohl vom Arbeitspensum her wie auch lohnmässig. Für die Lohnkosten kommt der Kanton auf. Im Umfang der Nettolohnkosten entlastet er dadurch das Budget der Sozialhilfe im Bereich der wirtschaftlichen Hilfe, da den Sozialfirma-Angestellten diese Unterstützung bis auf einen Einkommensfreibetrag entsprechend gekürzt wird.
Sozialfirma verfolgt wirtschaftliche und soziale Ziele
Die unternehmerische Sozialfirma in Biel verfolgt wirtschaftliche und soziale Ziele. Das unternehmerische Risiko trägt die gadPlus AG. Im Sinne einer Anstossfinanzierung hat die Gesundheits- und Fürsorgedirektion zwar für die ersten drei Jahre des Aufbaus insgesamt rund 550‘000 Franken bewilligt. Nach dem Aufbau müssen jedoch sämtliche Betriebskosten aus der Wertschöpfung der Arbeitenden selbst gedeckt werden. gadPLUS AG hat auch für die Aufträge zu sorgen. Dabei darf sie den ersten Arbeitsmarkt sowie die Angebote der Sozialhilfe zur sozialen und beruflichen Integration nicht konkurrieren. Sie akquiriert zum Beispiel Arbeiten, die unter Umständen ins Ausland vergeben würden. Sie ist auch dafür verantwortlich, dass die Aufträge in guter Qualität und termingerecht erledigt werden.
Nach drei Betriebsjahren will die Gesundheits- und Fürsorgedirektion Bilanz ziehen und entscheiden, ob unter den spezifischen Rahmenbedingungen des Kantons Bern eine unternehmerisch geführte Sozialfirma erfolgreich geführt werden kann und damit kostengünstige und langfristige Arbeitsplätze für Langzeitarbeitslose geschaffen werden können. Für die vorgesehenen rund 100 Arbeitsplätze fallen jährlich insgesamt rund 500‘000 bis 600‘000 Franken an, die über den Lastenausgleich Sozialhilfe gedeckt werden.